NACHBARSCHAFT

Die einzige Berliner Bühne, deren Foyer auch ein Friseursalon ist, dürfte das Theater unterm Turm in Wilmersdorf sein. Außerhalb der Spielzeiten macht dort Monika Uecker ihrer männlichen und weiblichen Kundschaft die Haare schön. Ihr Ehemann, der Theater-Intendant und Schauspieler Ronald R.H. Uecker, arbeitete bis zu seinem Ruhestand als Hausverwalter. „Andere ältere Herren leisten sich einen Porsche, Uecker leistet sich ein Theater“, sagt er über sich.

Denn mit nur 36 Plätzen im Bühnenraum hinter dem Friseurgeschäft an der Düsseldorfer Straße 2 ist kein profitabler Spielbetrieb möglich. Doch das trübt die Begeisterung des Teams kaum. Zum „harten Kern“ zählen die Eheleute sieben bis zehn Beteiligte. Niemand ist fest angestellt. Der Förderverein hat rund ein Dutzend Mitglieder. Gastschauspieler:innen „lieben das Intime und Kleine“, sagen Ronald und Monika Uecker.

Ursprünglich hatte das Theater im November 2010 in einem Saal unter der evangelischen Kirche Am Hohenzollerndamm mit dem markanten Turm (Spitzname: „Kraftwerk Gottes“) eröffnet – so kam es zu seinem Namen. Zwei Jahre später folgte der Umzug in die heutigen Räume, die in Sichtweite der Kirche liegen. Zum Programm gehören Kabarett, Komödien und Tragödien, Gesang, Tanzperformances, szenische Lesungen und Kunstausstellungen. Neben eigenen Produktionen werden auch Gastspiele gezeigt.

„Die meisten Leute wollen lustige Stücke“, erzählt Monika Uecker, die sich unter anderem um die Ticketbuchungen kümmert. Oft werde sie gefragt: „Ist das komisch, kann man da lachen?“ Eher „schleppend“ laufe der Kartenverkauf dagegen bei Inszenierungen mit ernsten Themen. Das Theater erhält keine staatlichen Zuschüsse; nur einmal gewährte das Bezirksamt 400 Euro. „Vor der Coronavirus-Pandemie lief es gut“, sagen Ronald und Monika Uecker. Manche Vorstellungen seien ausverkauft gewesen. Dann habe die Coronakrise nicht nur zur zeitweiligen Schließung des Theaters geführt, sondern auch das Besucherinteresse gedämpft. Die Folgen seien noch immer spürbar.

  • Am heutigen Freitag (22. September) ab 20 Uhr und am Sonnabend ab 19 Uhr liest die Schauspielerin, Musikerin und Autorin Antje Nikola Mönning im Theater unterm Buch aus ihrem Buch „Nicht normal“ ist ganz normal über „befreite Sexualität“. Tickets kosten 16 Euro an der Abendkasse. Mönning bezeichnet sich auch als Nackt-Künstlerin und sagt, wegen ihres Rollenwechsels von der Nonne in der ARD-Fernsehserie „Um Himmels Willen“ zur wilden Lucy im Kinofilm „Engel mit schmutzigen Flügeln“ werde sie oft „Nackt-Nonne“ genannt.
  • Wir verlosen zweimal zwei Freikarten für Gastspiele. Am 13. Oktober ab 20 Uhr singt Ralf „Trotter“ Schmidt das Musikprogramm Da bin ich, öffne zögernd Deine Tür, das er als Hommage an Erich Mühsam komponiert hat. Falls Sie Tickets gewinnen möchten, geben Sie bitte auf tagesspiegel.de/gewinnen Ihre Kontaktdaten und danach das Stichwort Mühsam ein. Am 14. Oktober ab 20 Uhr präsentiert Guido Schmitt die Erzählung „Ein Bericht für eine Akademie“ von Franz Kafka (und das Stichwort für unsere Verlosung lautet Kafka).

Foto: Cay Dobberke